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Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)

Unter Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) versteht man die geplante Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung. Gemeint ist damit, dass die Steuerrechtssysteme der Staaten unzureichend aufeinander abgestimmt sind bzw. einige Staaten unfairen Steuerwettbewerb betreiben und daher Steuerschlupflöcher entstehen.

International tätige Unternehmen können dies ausnutzen und ihre Steuerlast mit aggressiver Steuerplanung auf ein Minimum drücken. Dies schadet der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen untereinander. Kleinere mittelständische Unternehmen können derartige Möglichkeiten nicht nutzen. BEPS führt aber auch zu empfindlichen Steuerausfällen. Das Steueraufkommen wird geschmälert, wenn die Unternehmensgewinne durch Steuergestaltungen in Steueroasen verschoben werden, wo sie keiner Besteuerung unterliegen.

Was ist das BEPS-Projekt? - BEPS-Projekt im Detail!

Initiiert wurde das BEPS-Projekt, dem sich alle Staaten der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der G20 sowie Entwicklungs- und Schwellenländer angeschlossen haben, gegen den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne vorzugehen.

Konkrete Empfehlungen mit Verpflichtungscharakter wurden erarbeitet, die von allen teilnehmenden Staaten umzusetzen sind.

Hierfür wurde ein Gremium auf der Ebene der OECD mit dem „Inclusive Framework on BEPS“ geschaffen, welches sowohl der Überwachung dieser Umsetzungsverpflichtung als auch zur Weiterentwicklung der internationalen Zusammenarbeit dient und an dem Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichberechtigt teilnehmen können.

Der Start des Projektes im Jahr 2014 stellt einen Wendepunkt für die internationale Steuerpolitik dar. Bislang bestehende zentrale BEPS-Probleme können durch die Umsetzung der Empfehlungen erheblich verringert werden. Von großer Bedeutung für eine konsistente und einheitliche Umsetzung der BEPS-Ergebnisse innerhalb Europas ist hierbei die Rolle der EU (Europäischen Union). Einige BEPS-Empfehlungen wurden bereits durch EU-Richtlinien für die europäischen Mitgliedstaaten verbindlich umgesetzt und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung werden in den europäischen Gremien erörtert.

Nach umfangreichen Diskussionen zwischen den beteiligten Staaten und zahlreichen internationalen Organisationen hat die OECD am 5. Oktober 2015 die BEPS-Empfehlungen veröffentlicht. 15 Maßnahmen mit konkreten und umsetzbaren Empfehlungen wurden auf der Grundlage eines Aktionsplans erarbeitet, um die jeweiligen Steuerrechtssysteme besser miteinander zu verzahnen.

Deutschland zählte von Anfang an zu den wichtigsten Unterstützern dieses Vorhabens. Übergeordnetes Ziel des BEPS-Projektes war es, dass die Besteuerung am Ort der unternehmerischen Tätigkeit und wirtschaftlichen Wertschöpfung erfolgt.

Zu diesem Zweck soll der schädliche Steuerwettbewerb zwischen den Staaten eingeschränkt werden, und künstliche Verlagerungen mit dem alleinigen Ziel der Steuerersparnis sollen nicht mehr möglich sein.

Einkünftverlagerung vor dem BEPS-Projekt

BEPS-Projekt | Einkünfteverlagerung im Internationalen Steuerrecht

Einkünftverlagerung nach dem BEPS-Projekt

BEPS-Projekt | Einkünfteverlagerung im Internationalen Steuerrecht

Die Aktionspunkte des BEPS-Projekts im Einzelnen

Besteuerung der digitalen Wirtschaft (1)

Bestimmte Aspekte der bestehenden Besteuerungsprinzipien (z. B. beim Betriebsstättenbegriff) sollen angepasst werden, um den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Weiterhin soll die weitere technologische Entwicklung der Digitalisierung beobachtet werden, um zukünftigen Handlungsbedarf rasch ermitteln zu können.

Hybride Gestaltungen (2)

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen wenden Staaten häufig unterschiedliche Regelungen für die steuerliche Einordnung bestimmter Finanzierungsinstrumente und Gesellschaftsformen an. Daraus resultierend kann es dazu führen, dass diese Vorgänge im Ergebnis in keinem der beteiligten Staaten besteuert werden und sogenannte weiße Einkünfte entstehen.

Durch aufeinander abgestimmte Verknüpfungsregeln der steuerlichen Behandlung solcher Transaktionen soll eine Einmalbesteuerung erreicht werden. Die Zielsetzung ist, die doppelte Nichtbesteuerung zu beseitigen, ohne gleichzeitig eine Doppelbesteuerung hervorzurufen.

Erarbeitung von Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung (3)

Die Hinzurechnungsbesteuerung soll der Verlagerung von Einkunftsquellen auf niedrig besteuerte ausländische Gesellschaften entgegenwirken, indem sie die Einkünfte der ausländischen Gesellschaften den Gesellschaftern zurechnen, wenn die Gesellschaften keiner tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen.

Verhinderung von Steuerverkürzungen durch Regelungen zur Versagung des Zinsabzugs (4)

Da Unternehmen, die einen Kredit aufnehmen, die darauf entfallenden Zinszahlungen steuerlich abziehen dürfen, kann dies einen Anreiz für die überhöhte Fremdfinanzierung von Unternehmen darstellen. Es ergeben sich zudem Spielräume für Gestaltungen, bei denen die steuerliche Bemessungsgrundlage in einem bestimmten Staat gezielt ausgehöhlt wird. Dies kann verhindert werden, indem die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen eingeschränkt wird, etwa in Abhängigkeit von der Höhe der Erträge des Unternehmens oder von der Höhe der vorhandenen Anlagegüter.

Deutschland hat zu diesem Zweck die sogenannte Zinsschranke eingeführt, die diesen Zweck verfolgt.

Arbeiten gegen schädlichen Steuerwettbewerb (5)

Vordergründig sollen Regelungen, mit denen Lizenzeinkünfte steuerlich privilegiert werden (sog. Patentboxen) künftig nur noch gewährt werden, wenn die zugrunde liegende Forschungs- und Entwicklungstätigkeit vom Unternehmen selbst ausgeübt worden ist. Außerdem wurde vereinbart, dass sich die Staaten zukünftig über steuerliche Zusagen die sie Steuerpflichtigen im Vorfeld grenzüberschreitender Transaktionen erteilen (sog. TaxRulings), gegenseitig ohne vorheriges Ersuchen informieren.

Verhinderung von Abkommensmissbrauch (6)

Bei grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten besteht die Gefahr, dass mehrere Staaten dieselben Einkünfte besteuern, weil z.B. die Aktivität eines ausländischen Unternehmens vor Ort besteuert wird und zudem der Sitzstaat des Unternehmens sämtliche Welteinkünfte, einschließlich der ausländischen Aktivitäten, der Besteuerung unterwirft. Um diese Schwierigkeit für den internationalen Wirtschaftsverkehr abzubauen, schließen Staaten völkerrechtliche Verträge (Doppelbesteuerungsabkommen) ab, die die Besteuerungsrechte zwischen ihnen aufteilen.

Steuerpflichtige versuchen die  verschiedenen Bestimmungen in den bilateralen Abkommen und deren Zusammenwirken mit den jeweiligen nationalen Bestimmungen auszunutzen, um Steuern in keinen der betroffenen Staaten zahlen zu müssen oder nicht in der richtigen Höhe.

Vorschriften zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch wurden erarbeitet und die Klarstellung, dass die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen nicht die vollständige Nichtbesteuerung von Einkünften bezweckt.

Aktualisierung des Betriebsstättenbegriffs (7)

Einzelne Steuergestaltungen bezwecken das Vorliegen einer Betriebsstätte zu umgehen. Bei Vertragsabschlüssen bspw. wird durch vor Ort befindliche Vertreter eines ausländischen Unternehmens das tatsächlich Aushandeln des Vertrages, das im Staat der Vertragspartner erfolgt, von der formal-rechtlichen Befugnis zum Abschluss des (fertig ausgehandelten) Vertrages getrennt (Unterzeichnung erfolgt im Sitzstaat des Unternehmens), um eine Betriebsstätte und das Besteuerungsrecht in dem Staat, in dem die Verträge erfüllt werden zu vereiteln. Eine Anpassung des Betriebsstättenbegriffs soll derartigen Gestaltungen entgegen wirken.

 Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien (8 bis 10)

Die Bestimmung eines sachgerechten Verrechnungspreises ist notwendig, damit für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen eine zutreffende Besteuerung erfolgen kann. International anerkannter Standard für die Bestimmung sachgerechter Verrechnungspreise ist der Fremdvergleichsgrundsatz.

Demgemäß sind für Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Unternehmen diejenigen Bedingungen (insbesondere Preise) anzusetzen (und der Besteuerung zugrunde zu legen), die in vergleichbaren Geschäftsvorfällen zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbart worden wären. Es soll dadurch verhindert werden, dass multinationale Unternehmen durch Festlegung fremdunüblicher Bedingungen, insbesondere durch zu hohe oder zu niedrige Verrechnungspreise Besteuerungssubstrat zwischen den Staaten willkürlich verlagern können.

Der Fremdvergleichsgrundsatz soll durch Empfehlungen gestärkt werden, um eine missbräuchliche Verwendung von Verrechnungspreisen einzuschränken und sicherzustellen, dass die Besteuerung der Unternehmensgewinne sich im Einklang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen und der daraus folgenden unternehmerischen Wertschöpfung befindet. Unabdingbar war die Konkretisierung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu Geschäftsvorfällen mit immateriellen Werten.

Präzisierung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zur Zuordnung von Risiken und Kapital im Konzern und zur Bestimmung von Verrechnungspreisen für Geschäftsvorfälle, die nicht oder nur selten zwischen voneinander unabhängigen Dritten stattfinden.

Entwicklung von Methoden und Regelungen, um Daten über Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen zu erlangen (11)

Im Einvernehmen konnte erzielt werden, dass sich nach Abschluss der ökonomischen Analyse und einer quantitativen Abschätzung die BEPS-indizierten, weltweiten Steuermindereinnahmen auf 4-10 % des Körperschaftsaufkommens belaufen können. Bewertet  wurden auch die wirtschaftliche Inzidenz von BEPS-Strategien sowie die Auswirkung auf Wirtschaftswachstum und Effizienz. Erläutert wurden auch sogenannte Spillover-Effekte (betreffend den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten). Zudem wurden Indikatoren identifiziert, die die Risikoabschätzung erleichtern.

Entwicklung von Offenlegungsregelungen für aggressive Steuerplanungen (12)

Eine Vielzahl von Staaten verpflichtet Steuerpflichtige bzw. deren Berater, aggressive Steuerplanungen gegenüber der Finanzverwaltung offenzulegen.

Mögliche Elemente einer solchen Anzeigepflicht wurden mit dem Ziel erarbeitet, die Finanzverwaltung frühzeitig über modellhafte Steuergestaltungen zu informieren, ohne den Steuerpflichtigen und ihren Beratern übermäßige Befolgungslasten aufzubürden.

Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country Reporting (13)

Die Gewährleistung einer zutreffenden Besteuerung multinational tätiger Unternehmen, insbesondere im Bereich der Verrechnungspreise für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen, kann nur erfolgen, wenn die Finanzverwaltungen die notwendigen Informationen hierzu erhalten.

Drei Ziele werden durch die standardisierten Anforderungen zur Verrechnungspreisdokumentation verfolgt. Darlegung zur Übereinstimmung ihrer Verrechnungspreisgestaltung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz seitens der multinationalen Unternehmen. Zur Durchführung eines Risikomanagements für Verrechnungspreise und zur Durchführung einer Verrechnungspreisprüfung, werden den Finanzverwaltungen die notwendigen Informationen bereitgestellt. Ein hierfür entwickelter dreistufiger Ansatz bestehend aus einem Überblick über die Geschäftstätigkeit des multinationalen Unternehmens und seiner Verrechnungspreispolitik (Master File), einer landesspezifischen Dokumentation der spezifischen Geschäftsvorfälle des Steuerpflichtigen mit verbundenen Unternehmen (Local File) sowie dem sogenannten Country-by-Country-Report (CbCR).

Alle betroffenen Steuerverwaltungen erhalten mit dem CbCR einen Überblick über die globale Aufteilung der Erträge und Steuern sowie über bestimmte Indikatoren für die geografische Verteilung der Wirtschaftlichkeit auf die verschiedenen Staaten.

Ausdrücklich nicht vorgesehen, ist eine Veröffentlichung der Informationen aus der Verrechnungspreisdokumentation –auch des CbCR.

Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren (14)

Die Staaten haben sich dazu verpflichtet, Verständigungsverfahren effektiver zu gestalten und den Steuerpflichtigen den tatsächlichen Zugang zu den Verständigungsverfahren zu erleichtern.  Abkommenskonflikte sollen zeitgerecht erledigt oder schon vorab vermieden werden.

Einige Staaten, zu denen auch Deutschland gehört, haben sich bereit erklärt, darüber hinaus untereinander verbindliche Schiedsverfahren zu vereinbaren, so dass unabhängige Schiedsgerichte über Einzelfälle entscheiden, bei denen sich die beteiligten Staaten nicht auf eine Lösung des Doppelbesteuerungskonflikts einigen konnten.

Multilaterales Instrument (15)

Für ein Wirksamwerden der BEPS-Maßnahmen hinsichtlich der Doppelbesteuerungsabkommen, müssen die bestehenden Abkommen entsprechend modifiziert werden.

Zur Beschleunigung der Umsetzung dieses Prozesses wurde ein multilateraler Vertrag erarbeitet, der die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen ergänzt und die BEPS-Empfehlungen –entsprechend den von den Vertragsstaaten getroffenen Auswahlentscheidungen – zu diesen Abkommen implementiert.

BEPS-Projekt | Einkünfteverlagerung im Internationalen Steuerrecht

Schlusssatz zum BEPS-Projekt

Die Leitidee der OECD, einen stärkeren Zusammenhang zwischen Wertschöpfung und Besteuerung herzustellen, setzt voraus, dass sich Wertschöpfungsaktivitäten stets zuverlässig geografisch zuordnen lassen.

Eine große Herausforderung! Die OECD-und G20 –Länder sind sich darüber einig, dass diesen beschlossenen Punkten noch weitere Anstrengungen folgen sollen und müssen.

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